Was ist Klassismus? Bildungspolitischer Status und Diskriminierung

Vortrag mit Andreas Kemper, Soziologe M.A., Mitautor des Buches: “Klassismus – Eine Einführung”

Ort: Hörsaal SCH 122.201 (Scharnhorststr. 122), Münster

 

Klassismus ist die Diskriminierung aufgrund der soziale Lage oder Herkunft. Weder in Gesetzen noch in der emanzipativen Antidiskriminierungspolitik wird diese Diskriminierungsform berücksichtigt. Arbeitslose, Obdachlose, Arbeiterkinder,… haben keine Lobby. Und es mangelt an Forschung zu dem Thema, da kaum Forschungsgelder zur Verfügung gestellt werden.

 

Dabei ist das Thema nicht nur wichtig, sondern auch vom Forschungsstandpunkt spannend. So enden beispielsweise die Kapital-Bände von Karl Marx, als er mit der Definiton von Klassen begann. Marx konnte nicht über Klassenreproduktion nachdenken, weil es zu seiner Zeit noch nicht mal die Schulpflicht gab. Wir haben hier weiter zu denken. Zum Beispiel: Ein nicht untersuchtes Phänomen ist unser vertikales Bewertungsschema, Arme „unten“ und Reiche „oben“ zu denken. Entsprechend werden Orks (Unterwelt) und Elben (Elite) assoziiert, entsprechend sind noch immer die „Untermenschen“-Ideologien von Nietzsche bis Rosenberg attraktiv, wie Sarrazin Untergangsszenario zeigte, wie die Elterngeld/Betreuungsgeld-Gesetze zeigen, die Arme ausschließen, da „Falsche“ keine Kinder mehr bekommen sollen. Ist das „Klassenrassismus“ oder wie ist Klassismus von Rassismus abzugrenzen? Andere Frage: Sollten wir nicht den Bildungsabstieg für alle fordern, weil unten das Wissen ist? Und wieso redet man unter Freunden nicht über Geld?

 

Klassismus“ wirft als kritisches Konzept jede Menge Fragen auf, es soll das Klassenbewusstsein schärfen und zwar ein alltagstaugliches – ohne davon abzulenken, dass der Kapitalismus per Definition klassistisch ist.

 

Inhaltsangabe des Buches vom Unrast-Verlages:
Klassismus ist ein bislang noch wenig bekannter Begriff zur Bezeichnung der individuellen, institutionellen und kulturellen Diskriminierung und Unterdrückung aufgrund des tatsächlichen, vermuteten oder zugeschriebenen sozial- oder bildungspolitischen Status’. Menschen in Armutsverhältnissen wird zum Beispiel gewalttätiges Verhalten oder Alkoholismus stereotyp unterstellt und medial inszeniert, obwohl diese Phänomene klassenübergreifend gleichermaßen vorkommen. Der Begriff Klassismus beschreibt die Erfahrung persönlicher Diskriminierung von Menschen als gesellschaftliches, strukturelles Problem. Damit ergänzt und überschneidet er sich mit der Analyse von Rassismus, Sexismus und anderen Diskriminierungsformen.
Zum ersten Mal liegt nun in deutscher Sprache eine Einführung in Buchform vor. Die VerfasserInnen beschreiben die Ursprünge des Klassismusbegriffs und seine Alltags- und Widerstandspraxen in den USA und zeigen die politischen Anschlussfähigkeiten im Kontext der Bundesrepublik auf.


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